Bochums Boss nach Becherwurf: «Wie doof kann man sein?»

von Marcel Breuer | dpa10:19 Uhr | 19.03.2022
Schiedsrichterassistent Christian Gittelmann wurde von einem Getränkebecher am Kopf getroffen.
Foto: Bernd Thissen/dpa

VfL Bochums Vorstandsvorsitzender Hans-Peter Villis hat mit scharfer Kritik auf den Becherwurf-Skandal beim Spiel gegen Borussia Mönchengladbach reagiert.

Der 64-Jährige hofft, dass die eigenen Fans bei der Suche nach der Person mithelfen, die für den Abbruch der Bundesliga-Partie gesorgt hatte. «Wir werden denjenigen sicher finden. Mit solchen Fans wollen wir nichts zu tun haben. Hier gibt es ein paar Fans, die ihre Hände und ihr Gehirn nicht im Griff haben. Aber das sind einzelne», sagte Villis der «Bild»: «Das ist nicht das Verhalten des VfL. Das sind einzige Idioten, die das Image des Vereins nach unten ziehen.»

Die Partie war am Freitagabend beim Stand von 2:0 für die Gäste aus Mönchengladbach abgebrochen worden, nachdem Schiedsrichterassistent Christian Gittelmann von einem Getränkebecher am Kopf getroffen worden war.

«Ein paar Leute machen uns alles kaputt, was wir uns seit Jahren hier aufbauen. Das ist hart, das ist entsetzlich», sagte Villis. «Man muss sich mal den Zusammenhang vor Augen führen: In der Ukraine ist Krieg, wir machen ein Sondertrikot, machen echt alles, um unseren Beitrag zu leisten für dieses fürchterliche Geschehen. Und da sitzen Leute und schmeißen absichtlich mit einem Bierbecher. Wie doof kann man sein? Hier sind 25.000 Zuschauer, machen tolle Stimmung, aber einige Leute schnallen es nicht. 1200 Kilometer von uns ist Krieg ...».

Wie solche Würfe in Zukunft verhindert werden sollen, weiß Villis nicht. «Keine Ahnung, wie man das Problem lösen kann. Vielleicht muss man die wirklich einzäunen, aber das wäre doch traurig. Und das wollen wir auch nicht», sagte er. «Wir leben davon, dass wir so ein Schmuckkästchen haben, dass wir ganz nah dran sind an unseren Spielern.»

Dezeit werden die Bilder ausgewertet, der VfL werde die Polizei bei ihren Ermittlungen tatkräftig unterstützen, teilten die Bochumer noch in der Nacht mit. Der Bundesligist behalte sich unter anderem «Schadenersatzansprüche vor. Denn wir gehen davon aus, dass der VfL verbandsseitig bestraft wird», heißt es in dem Statement.

«Bei einem tätlichen Angriff auf einen Spieloffiziellen, in dem Fall den Schiedsrichter-Assistenten, ist ein Spielabbruch einfach alternativlos», sagte Schiedsrichter Benjamin Cortus bei DAZN. Der Becher habe Gittelmann klar am Kopf getroffen, sagte Cortus. «Er war benommen, ist ins Krankenhaus gebracht worden und wird dort entsprechend untersucht», sagte der Hauptschiedsrichter. Florian Heft, Cortus' zweiter Assistent, habe Gittelmann ins Krankenhaus begleitet.

Der Wurf sorgte auch bei den Spielern für Unverständnis und Wut. «Sehr traurig, dass sich sowas VfL Bochum Fan nennt!», schrieb Manuel Riemann bei Instagram. Der Bochumer Keeper war nach der Spielunterbrechung aus seinem Tor gelaufen und hatte in Richtung der Fans auf dem Tribünenabschnitt, aus dem der Becher geflogen kam, gebrüllt.

Riemanns derzeit verletzter Teamkollege Simon Zoller wurde ebenfalls deutlich. «Wir, der VfL Bochum, schreiben seit knapp 2 Jahren eine unfassbare Geschichte. Diese Aktion ist einfach nur respektlos gegenüber all denen, die sich jeden Tag den Arsch aufreißen, um diese Reise zu erleben! Geschweige denn dem Linienrichter! DU hast im Stadion nichts verloren!», schrieb der 30-Jährige bei Twitter.

«Es ist natürlich anzunehmen, dass das Spiel gegen uns gewertet wird», sagte Bochums Co-Trainer Markus Gellhaus, der den mit dem Coronavirus infizierten Chefcoach Thomas Reis an der Seitenlinie vertrat. Davon ist tatsächlich auszugehen. 2011 ereignete sich in Hamburg ein ähnlicher Fall. Beim Spiel FC St. Pauli gegen den FC Schalke 04 wurde Schiedsrichterassistent Thorsten Schiffner ebenfalls von einem Becher getroffen. Die Partie wurde beim Stand von 2:0 für Schalke abgebrochen und später 2:0 für die Gelsenkirchener gewertet.

(dpa)



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