Beginnt der «X-odus»? Musk vergrault Sportclubs und Verbände

von Marcel Breuer | dpa18:15 Uhr | 05.12.2024
Wegen der Entwicklungen unter Elon Musk haben einige Sportvereine und Verbände die Plattform X verlassen.
Foto: Algi Febri Sugita/ZUMA Press Wire/dpa

Die Kommentare unter dem Abschieds-Post des SC Freiburg bei X mit den einleitenden Worten «Wir sagen Tschüss» dürften die Macher des Fußball-Bundesligisten in ihrer Entscheidung bestätigen. Von einer «gnadenlosen Selbstüberschätzung» ist dort die Rede, es fallen Hass-Ausdrücke wie «Drecksverein», «armselige Versager» und «linker Abschaum». 

Es ist genau diese zunehmend toxische Atmosphäre, die den SC, Werder Bremen und den FC St. Pauli veranlasst haben, der Social-Media-Plattform den Rücken zu kehren. Seit der Übernahme des US-Milliardärs Elon Musk 2022 hat sich dort vieles verändert. 

Davor hieß X noch Twitter, hatte einen blauen Vogel als Firmenlogo und das Wort «twittern» hielt Einzug in den Duden. Doch das einstige Lagerfeuer der Moderne für Sportfans brennt lichterloh. Musk wird vorgeworfen, zu wenig gegen Antisemitismus, Rassismus und Hetze zu tun. Nicht alle in der Sportbranche spielen da noch mit - kommt es gar zum großen «X-odus»?

Positive Rückmeldungen der eigenen Fans

Neben dem Bundesliga-Trio haben auch Zweitligist 1. FC Magdeburg und Drittligist FC Hansa Rostock den Schritt vollzogen. Auch Handball-Club MT Melsungen und Dachorganisationen wie der Hamburger Fußball-Verband, der Deutsche Tischtennis-Verband, der Deutsche Volleyball-Verband und der Deutsche Skiverband haben X den Rücken gekehrt. 

«Unser Schritt hat ein internationales Medienecho ausgelöst», sagte Patrick Gensing, Kommunikationschef beim FC St. Pauli, der Deutschen Presse-Agentur: «Wir haben sehr viel Zustimmung erhalten.» Innerhalb des Clubs sei man «sehr froh» über den Schritt: «Wir schauen nach vorne und entwickeln neue Ideen für unsere Kommunikation, statt uns mit einer kaputten Plattform rumzuärgern.» Auch der SC Freiburg berichtete von «überwiegend sehr positiven Rückmeldungen» der eigenen Fans.

Was spricht gegen den Ausstieg?

Nahezu alle deutschen Fußball-Proficlubs beobachten die Lage und sehen die Entwicklungen auf der Plattform weitestgehend kritisch. Manche haben ihren Output dort auch schon reduziert. Gegen einen Ausstieg spricht die Reichweite beim Austausch mit den Fans, was auch großen Einfluss auf Marketingerlöse hat. Die Kommunikation dort ist unbestritten ein Wirtschaftsfaktor - vor allem für Großclubs wie den FC Bayern mit aktuell sieben Millionen X-Followern nur auf dem deutschsprachigen Kanal.

«Es ist für die Global Player sicher eine größere Hürde, dieses Netzwerk, das man sich über die Jahre aufgebaut hat, zu verlassen», sagt Daniel Nölleke. Der Professor vom Institut für Kommunikations- und Medienforschung an der Sporthochschule Köln meint: «Das soziale Gewissen, das ja als zentraler Grund für den Ausstieg angeführt wird, muss man sich leisten können und wollen.»

Stärkung der Marke kontra Reichweite

Für den SC Freiburg mit seinen über 300.000 Followern auf X waren das aber keine Gründe mehr zum Bleiben. «Werte wie Vielfalt und Toleranz, für die der Verein mit seiner Satzung steht, werden dort mit Füßen getreten.» Es gebe dort eine «rasante Radikalisierung» durch «eine Flut von Hass, Hetze und Verschwörungstheorien». Regulierung und Sanktionen würden nicht mehr funktionieren. Musk hat indes stets betont, die aus seiner Sicht zu starken Einschränkungen der Meinungsfreiheit auf der Plattform beseitigen zu wollen.

Der Verzicht auf X-Aktivitäten und der offensive Umgang damit könne «auch zur Stärkung der eigenen Marke beitragen», sagte Medienforscher Nölleke: «Ich bin sicher, dass diese bewusste Reflexion noch bei anderen Vereinen zu der Erkenntnis führen wird, dass auf X mehr zu verlieren denn zu gewinnen ist.»

Bluesky als Alternative

Bremen, Pauli und Freiburg veröffentlichen nun auf der Konkurrenz-Plattform Bluesky tagesaktuelle Inhalte rund ums Vereinsleben. Paulis Follower-Anzahl habe sich dort innerhalb weniger Tage «bereits vervielfacht», berichtete Gensing: «Und auch wenn die Zahl noch deutlich niedriger ist als auf X, erleben wir aber eine deutlich größere Interaktion und viel weniger Kommentare mit rassistischen oder antisemitischen oder anderweitigen Hass-Inhalten.»

Bluesky wurde 2019 vom ehemaligen Twitter-Chef Jack Dorsey gegründet und erinnert nicht nur wegen der hellblauen Optik des Logos an die alten Twitter-Zeiten. Bluesky erhielt gerade in den Tagen nach der von Donald Trump gewonnenen US-Präsidentschaftswahl enormen Zulauf. Inzwischen hat Bluesky die Marke von 20 Millionen Nutzern geknackt - doch das ist verglichen mit der Reichweite von X noch immer relativ wenig. 

Elon Musk ein Hauptgrund

Auffällig ist: Fast alle X-Flüchtige nennen Musk namentlich als Hauptgrund für die Entwicklungen. Dieser äußere sich «unter anderem transphob, antisemitisch und verbreitete Verschwörungserzählungen», schrieb Werder. Musk habe die Plattform «zu einer Hass-Maschine umgebaut», heißt es im Pauli-Statement.

Musk unterstützte den künftigen US-Präsidenten Trump im Wahlkampf gegen die Demokratin Kamala Harris mit hohen Millionensummen, höchst kontroversen Posts und nach Einschätzung von Experten mit fragwürdigen Algorithmen auf X. Unter der Präsidentschaft des Republikaners soll Musk bei der Kürzung der Regierungsausgaben helfen.

«Es ist davon auszugehen, dass X auch im Bundestagswahlkampf autoritäre, menschenfeindliche und rechtsradikale Inhalte fördert und so öffentliche Diskurse manipuliert», heißt es im Pauli-Statement. In diesem Fall könnte ein großer «X-odus» noch wahrscheinlicher werden.

(dpa)





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