Der FC Bayern München ging sich selbst auf die Nerven. Präsident Uli Hoeneß und Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge machten gar nicht erst den Versuch, das rätselhafte 1:1 (1:1) beim SC Freiburg zu erklären - sie rauschten wortlos und mit ernsten Mienen davon.
Samstag, 30.03.2019
Sportchef Hasan Salihamidzic dagegen suchte verzweifelt nach Erklärungen. Der Rekordmeister habe «keine richtige Einstellung» gefunden, befand der 42-Jährige. Und warum? «Das wüsste ich auch gerne.» Die Folge: Eine Woche vor dem Gipfeltreffen mit Borussia Dortmund rennt der FCB dem großen Rivalen schon wieder hinterher.
Die Münchner sind sich vor der richtungsweisenden Partie im Kampf um die Meisterschaft am Samstag (18.30 Uhr/Sky) erneut ein Rätsel. Neun Punkte hatten sie zuletzt aufgeholt und den zwischenzeitlich enteilten BVB an der Tabellenspitze abgelöst. Doch dann folgte der Anpfiff im Breisgau. Einstellung, Defensivverhalten und Zweikampfquote: In den ersten Minuten stimmte beim Rekordmeister überhaupt nichts. «Ich bin über das Ergebnis nicht nur enttäuscht, sondern verärgert», sagte Trainer Niko Kovac. Und Salihamidzic wusste schon, was sich nun verbessern muss: «Vieles.»
Ansonsten könnte es schon am nächsten Wochenende mit dem Traum vom siebten Meistertitel in Serie fast vorbei sein. Weil der BVB parallel mit 2:0 gegen den VfL Wolfsburg gewann, zog er in der Tabelle wieder an den Münchnern vorbei und hat als Spitzenreiter nun zwei Punkte Vorsprung. Zwar hatten die Bayern in der zweiten Halbzeit in Freiburg durch ihre mangelhafte Chancenverwertung selbst dafür gesorgt, dass sie sich nicht mit einem Sieg und damit einem größeren Selbstvertrauen belohnten. Aber das Kovac-Team scheiterte im Schwarzwald-Stadion nicht allein vor dem Tor des Gegners, sondern grundsätzlicher: Es war über weite Strecken kein klarer Plan erkennbar.
«Es ist natürlich so, dass man nicht draußen saß und das Gefühl hatte, dass wir das unbedingt gewinnen wollen», sagte Salihamidzic. Trainer Kovac haderte damit, dass seine Spieler bestimmte Vorgaben nicht befolgt hätten. «Darauf habe ich meine Mannschaft eingestellt beziehungsweise ich habe es ihnen gesagt: "Die Flanken von Christian Günter von der linken Seite sind gefährlich."»
Aber schon nach drei Minuten musste Kovac ernüchtert feststellen, dass sein Team ihm offenbar nicht richtig zugehört hatte. Denn dann passierte das, wovor er explizit gewarnt hatte: Flanke von Günter, Kopfball von Lucas Höler, 0:1. Im Hinspiel gab es genau so den späten Ausgleich. «Wir haben in den ersten fünf Minuten gepennt. Wir haben das vorher 700 Mal in der Kabine angesprochen, das ist unerklärlich», schimpfte Nationalspieler Leon Goretzka, der spät den Pfosten traf.
In der Anfangsphase hätten die Freiburger durch ihren Kapitän Mike Frantz (9. Minute/18.) sogar beinahe das 2:0 erzielt. Erst der herrliche Ausgleichstreffer von Robert Lewandowski per Seitfallzieher (22.) weckte die Gäste auf. Danach rannten die Bayern immer wieder an, blieben aber offen für Konter, weil ihrem Spiel die Ausgewogenheit fehlte. So dürfte es auch gegen den BVB schwer werden. Dass davor an diesem Mittwoch (18.30 Uhr/Sky) noch das Pokal-Viertelfinale gegen Zweitligist 1. FC Heidenheim ansteht, rückte angesichts des nahenden Topspiels in den Hintergrund.
Dabei sei das Double aus Meisterschaft und Pokal jetzt «auf jeden Fall unser Ziel», sagte Verteidiger Mats Hummels, der ankündigte, dass es spätestens gegen seinen Ex-Club wieder einen ganz anderen FC Bayern zu sehen geben werde. «Definitiv. Den kriegen wir ganz sicher.» Und der «sehr enttäuschte» Sportchef Salihamidzic machte seiner Mannschaft schon mal klar, was er gegen die Borussia sehen will: «Dass wir die unter Druck setzen und dass wir einfach zeigen, dass wir Meister werden wollen.»
(dpa)
Unser Training war so geheim, dass wir manchmal selbst nicht zuschauen durften.
— Bernd Hölzenbein