Vor der Weltfußballer-Kür peitschte Robert Lewandowski den Triplesieger schonmal für den finalen Kraftakt des Münchner Triumphjahres ein.
«Wir müssen Gas geben - egal wie gut Leverkusen drauf ist», sagte der dritte 250-Tore-Stürmer der Bundesliga-Geschichte vor dem nahenden Spitzenspiel. «Wir müssen alles versuchen, das letzte Spiel zu gewinnen», forderte Europas und Deutschlands Fußballer des Jahres. 2020 stellte er die mehrmaligen Weltfußballer Cristiano Ronaldo und Lionel Messi sportlich klar in den Schatten.
Mit dem Doppelpack beim 2:1 gegen den VfL Wolfsburg durchbrach Lewandowski im 332. Liga-Spiel mit nun 251 Treffern die Meilenstein-Marke, was zuvor nur den deutschen Stürmerlegenden Gerd Müller (365) und Klaus Fischer (268) geglückt war. Der in der Schlussphase als Retter glänzende Manuel Neuer attestierte dem Mannschaftsratskollegen eine «Superleistung». «Er ist dafür da, uns nach vorne zu schießen. Das hat er nicht nur diesmal getan, sondern auch in den letzten Jahren», sagte der Kapitän.
43 Tore erzielte Lewandowski in dem mit fünf Teamtiteln beendeten Kalenderjahr, in dem die Münchner dank des Erfolges gegen Wolfsburg wie zuletzt 1981 ohne Heimniederlage blieben. «Sowohl Manu als auch Lewy haben eine wahnsinnige Qualität», sagte Trainer Hansi Flick. Wie seine zwei Führungskräfte wurde auch der 55 Jahre alte Erfolgscoach vom Weltverband schon bei der Nominierung zu den Top 3 für ein großes Jahr gerühmt.
Nach der Feierstunde am Donnerstagabend in Zürich zählt für das mit allerhand Ehren bedachte Münchner Trio aber nur noch Leverkusen, das den 1. FC Köln im rheinischen Derby 4:0 abfertigte. Bei einem Sieg am Samstag bei Spitzenreiter Bayer würde der aktuelle Tabellenzweite Bayern als Nummer eins überwintern.
«Wir wollen in Leverkusen ein tolles und sehr erfolgreiches 2020 möglichst mit einem Dreier abschließen», sagte Flick, den der Wolfsburg-Erfolg vom Mittwochabend auch aus familiären Gründen freute. «Ich habe meiner Mutter, die heute Geburtstag hat, drei Punkte versprochen. Daher bin ich zufrieden.»
Für den Liga-Gipfel vor der kurzen Weihnachtspause muss Flick aber noch das Rückstand-Rätsel lösen. Sechsmal nacheinander lag sein Star-Ensemble in der Liga hinten. «Wir sind zurückgekommen, haben eiskalt zugeschlagen, unsere Tore gemacht und unsere Aufgabe erfüllt», stellte Neuer nach seinem 200. Bundesliga-Sieg für den FC Bayern pragmatisch fest. Dass er in dieser Saison jedoch öfter retten muss, als das eigentlich im Job-Profil eines Münchner Torwarts vorgesehen ist, überrascht allerdings. «Wir haben selten zu Null gespielt», stimmte Neuer zu, «dennoch ist es mein Job.»
Vorne Lewandowski, hinten Neuer - die bis zum beherzten Auftritt in München ungeschlagenen Wolfsburger erlebten die weiterhin gültige Erfolgsformel hautnah. «Die Bayern haben den besten Torhüter der Welt drin und den besten Spieler der Welt», stöhnte VfL-Torschütze Maximilian Philipp.
Zwar wird der einst eigensinnige Lewandowski, nach Ansicht des früheren Weltfußballers Lothar Matthäus «der kompletteste Spieler auf dem Planeten», schon seit langem für mannschaftsdienliche Auftritte gelobt. Doch gänzlich als Altruist möchte der Pole dann aber doch nicht wahrgenommen werden.
«Man muss wahrscheinlich immer egoistisch sein, damit dieser Instinkt nach Toren bleibt», sagte der 32-Jährige mit einem Lächeln. «Weniger egoistisch? Mir ist es lieber, wenn auch Egoismus bleibt.» Die Tor-Marke von Klaus Fischer lockt. Und der als «ewig» geltende Gerd-Müller-Rekord? Ganz ausgeschlossen scheint das bei diesem Robert Lewandowski auch nicht.
Ich bin giftiger als die giftigste Kobra.
— Jürgen Wegmann