«Der pure Hass»: Gladbacher Fan-Wut gegen Rose und Eberl

von Marcel Breuer | dpa06:02 Uhr | 18.09.2022
Gladbachs Jonas Hofmann traf beim 3:0-Sieg gegen RB Leipzig doppelt.
Foto: Federico Gambarini/dpa

Selbst nach dem beeindruckenden Prestigesieg arbeiteten sich die Fans von Borussia Mönchengladbach weiter an RB Leipzig und ihrem Ex-Trainer ab.

Marco Rose bekam auch nach dem 0:3 (0:2) von RB an seiner alten Wirkungsstätte die volle Fanwut zu spüren. Von den Rängen gab es Beschimpfungen und Pfiffe, genau wie schon vor und während des emotional aufgeladenen Spiels bei seinem Ex-Club. Auch der frühere Sportdirektor Max Eberl, der kurz vor einem Einstieg bei RB steht, wurde auf Fanplakaten beleidigt.

Kramer: «Rose als Trainer und Mensch überragend»

Gladbachs Mittelfeldspieler Christoph Kramer, der Rose nach dem Schlusspfiff herzlich umarmte, verstand die Aktionen der eigenen Anhänger nicht. «Ich teile den Hass von vielen Leuten überhaupt nicht. Ich weiß, dass es zum Geschäft dazugehört und dass es leider immer eine gewisse Dynamik annimmt, aber der schließe ich mich nicht an», sagte der Weltmeister von 2014 bei Sky: «Marco Rose als Trainer und Mensch ist überragend.»

Die Stimmung im Borussia-Park vor 50.186 Zuschauern war auch wegen der Personalie Max Eberl aufgeheizt. Schon in der vergangenen Woche hatte das Fanprojekt der Borussia in einem geharnischten Offenen Brief wegen dessen bevorstehenden Wechsel zu RB mit Eberl abgerechnet. Auf Plakaten im Stadion wurde Eberl wüst beschimpft. Der Stadionsprecher ermahnte die Fans in der Kurve gar, ein Plakat abzuhängen, da Schiedsrichter Patrick Ittrich das Spiel sonst unterbrechen werde. Auf diesem stand: «Ein Hurensohn-Verein stellt nur Hurensöhne ein.»

Schiedsrichter Ittrich greift ein

Bei derartigen Beleidigungen auf Spruchbändern habe er eine «relativ kurze Leine», sagte Ittrich hinterher, «wir müssen relativ deutlich gegen solche Sachen vorgehen. Hier sind Kinder im Stadion, hier sind Menschen, die Fußball sehen wollen. Diese Fläche zu nutzen, um seine beleidigenden Äußerungen rauszuposaunen - das muss aufhören.»

Er sei «auch nicht der größte Fan in Richtung RB Leipzig», sagte Kramer, «aber der pure Hass gehört auf keinen Sportplatz und nicht in unsere Welt. Von daher war es vollkommen richtig, das Plakat abzuhängen.» Eberl hatte in seiner Zeit in Mönchengladbach das RB-Konstrukt aus dem Red-Bull-Kosmos immer harsch kritisiert. Laut RB-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff befinden sich die Verhandlungen mit Gladbach über einen Eberl-Einstieg bei den Sachsen kurz vor dem Abschluss.

Eine Woche nach seinem Traum-Einstand als neuer Coach von RB Leipzig erlebte Rose auch sportlich einen ganz bitteren Abend. Ein Doppelpack von Nationalspieler Jonas Hofmann (10. Minute/35.) und ein wunderschöner Lupfer von Ramy Bensebaini (53.) besiegelten den dritten Heimsieg der Borussen in Serie gegen Leipzig. Am vergangenen Spieltag war Rose noch mit einem 3:0 gegen seinen weiteren Ex-Club Borussia Dortmund gestartet.

Gladbach überlegen, Leipzig ernüchtert

Mit nur acht Punkten aus sieben Spielen hinkt der Pokalsieger und Champions-League-Teilnehmer damit den Erwartungen weiter deutlich hinterher. «Das war insgesamt zu wenig von uns», haderte Angreifer Yussuf Poulsen. Das Team von Trainer Daniel Farke aus Mönchengladbach behält dagegen mit zwölf Zählern den Kontakt zur Spitzengruppe der Bundesliga und sprang auf Rang sechs der Tabelle.

Gladbach war klar überlegen. Bei den Gästen, die in der vergangenen Woche bei Real Madrid in der Champions League 0:2 verloren hatten, erwischte vor allem Linksverteidiger David Raum einen schwarzen Tag. Vor dem 0:1 patzte der Nationalspieler entscheidend. Torschütze Hofmann legte gut 20 Minuten später nach. Nach erneuter Vorarbeit des ebenfalls starken Marcus Thuram schloss Hofmann einen herrlichen Konter erfolgreich ab und erzielte sein sechstes Bundesligator gegen RB. Nur Ex-Bayern-Torjäger Robert Lewandowski (7) traf bislang öfter gegen Leipzig. Besonders sehenswert war auch Bensebainis toller Lupfer über RB-Schlussmann Peter Gulacsi zum 3:0.(dpa)



Es ist sehr enttäuschend, wenn der Trainer einem erfahrenen Spieler sagen muss, das der Gegner an ihm vorbeiläuft.

— Eduard Geyer