«38 Jahre im Fußball reichen»: Manager Schmadtke hört auf

von Marcel Breuer | dpa11:46 Uhr | 27.01.2023
Macht kein Geheimnis aus seiner Kritik am Profifußball: Jörg Schmadtke.
Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Uli Hoeneß wurde mit 27 Jahren Manager, weil er nach einer schweren Knieverletzung kaum noch selbst spielen konnte. Rudi Völler saß gerade mit im Raum, als dort der neue Sportdirektor der Nationalmannschaft gesucht wurde. Auf einen Managersessel im Profifußball führten schon immer die unterschiedlichsten Wege.

Den wohl ungewöhnlichsten von allen legte Jörg Schmadtke hin - zumindest nach den Maßstäben dieser Branche. Der frühere Bundesliga-Torwart, der eigentlich Trainer werden wollte, bewarb sich 2001 auf eine Stellenanzeige im «Kicker»-Sportmagazin. «Sportdirektor gesucht» hatte der damalige Zweitliga-Club Alemannia Aachen dort inseriert.

Letztes Bundesliga-Spiel wartet

In der nächsten Woche wird Schmadtke eine lange und erfolgreiche Laufbahn beenden. Sein Vertrag als Sport-Geschäftsführer des VfL Wolfsburg läuft am 31. Januar aus. Das Nordduell bei Werder Bremen wird an diesem Samstag sein letztes Bundesliga-Spiel sein (15.30 Uhr/Sky), das DFB-Pokal-Achtelfinale beim 1. FC Union Berlin am Dienstag der Schlusspunkt. «38 Jahre im Fußball reichen», sagte der 58-Jährige der «Wolfsburger Allgemeinen Zeitung» in einem seiner großen Abschiedsinterviews. «Besser, man geht aus freien Stücken - bevor man gegangen wird.»

Die Öffentlichkeit verbindet mit Schmadtke vor allem zwei Dinge: seine Erfolge. Und seinen Ruf als «brummiger Mieselaunebär» (Süddeutsche Zeitung).

Überall galt in den vergangenen 20 Jahren die Regel: Schmadtke-Clubs ging es nach der Schmadtke-Zeit deutlich schlechter als währenddessen. Alemannia Aachen entwickelte sich unter ihm vom Beinahe-Pleitier zum Pokal-Finalisten, UEFA-Cup-Teilnehmer und Bundesliga-Aufsteiger. Fünf Jahre nach der Trennung versank der Club in der Regionalliga. Auch Hannover 96, den 1. FC Köln und den VfL Wolfsburg führte er zurück in das internationale Geschäft.

Nicht immer ein leichter Charakter

«Jörg Schmadtke hat eine Ära bei uns geprägt», sagte der Wolfsburger Aufsichtsratschef Frank Witter dem «Kicker». «Er ist ein streitbarer Mensch mit Prinzipien und klaren Sichtweisen. Wenn man nicht mit seinem Wertegerüst übereinstimmt, kann es auch schon mal schwierig mit ihm werden. Da ist er kein abgeschliffener Kieselstein, sondern ein Typ.»

Wer hat welchen Einfluss? Was entscheidet der Trainer, was der Sportchef? Im Kern ging es bei vielen Konflikten, die Schmadtkes Image prägen, um solche Fragen. Bruno Labbadia und Oliver Glasner verließen den VfL deshalb. Mit anderen Trainern wie Dieter Hecking ist Schmadtke bis heute befreundet.

Kritik am Profi-Fußball

Die Frage ist, inwieweit diese Streitbarkeit einer noch größeren Manager-Karriere des früheren Torwarts von Fortuna Düsseldorf und des SC Freiburg möglicherweise im Wege stand. Clubs wie Bayern München und Borussia Dortmund? «Die haben sich für mich nicht interessiert.» Der Profifußball insgesamt? «Ich will nicht verhehlen, dass mir Teile des Geschäfts mehr und mehr zuwider sind», sagte Schmadtke der «Süddeutschen Zeitung».

Er meint damit in erster Linie den Einfluss des Geldes, der Spielerberater, der sozialen Medien. Schmadtke kritisiert zum Abschied aber auch noch einmal die Unfähigkeit der deutschen Clubs, sich auf gemeinsame Ziele zu verständigen.

Klar, es gibt in der Bundesliga Spitzen-, Traditions- und sogenannte Werkclubs wie seinen VfL. Aber, wenn es um Themen wie die Verteilung der Fernsehgelder geht, dann «sitzt jeder auf seinem eigenen Stuhl», sagte Schmadtke der «Welt». «Wenn ich über das große Ganze, das Gesamtgut Fußball spreche, dann muss ich meinen Stuhl verlassen und mich von meiner Interessenlage lösen. Es ist uns allen bisher nicht wirklich gut gelungen.»

«Das habe ich nicht gesagt»

Solche Aussagen gefallen nicht jedem. Seine Distanz zu vielen Entscheidungen und Entscheidungsträgern schien auch durch, als er im WAZ-Interview gefragt wurde, warum ein kritischer Geist wie er nach dem WM-Aus der Nationalmannschaft in der Taskforce des Deutschen Fußball-Bundes fehlte. «Da sitzen doch genug profilierte Menschen drin», sagte Schmadtke. Hans-Joachim Watzke, Karl-Heinz Rummenigge oder Rudi Völler seien ja «nicht irgendwelche Clowns, die das machen, was ihnen gesagt wird». Ob er die Zusammensetzung dann gut fände, hakte der Interviewer nach. Die Antwort: «Das habe ich nicht gesagt.»

Ab dem kommenden Dienstag braucht ihn das alles nicht mehr zu kümmern. Der bisherige Sportdirektor Marcel Schäfer wird in Wolfsburg zum Sport-Geschäftsführer und damit zum Schmadtke-Nachfolger befördert. Und mindestens ein Schmadtke wird der Bundesliga weiter erhalten bleiben. Sein Sohn Nils leitet seit 2020 die Scouting-Abteilung des VfL.(dpa)



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